Erklären oder Erzählen – Wann ist was besser in wissenschaftlichen Vorträgen?

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Wenn du bereits einen wissenschaftlichen Vortrag gehalten hast, ist dir vielleicht aufgefallen, dass es dabei zwei Arten des Sprechens gibt: das analytische Erklären und das narrative Erzählen. Beides passiert oft ganz automatisch – mal formulierst du präzise Definitionen, mal schilderst du anschaulich, wie du auf deine Forschungsfrage gestoßen bist.

Aber hast du dich dabei gefragt, wann du erklärst und wann du eigentlich schon erzählst – und wozu das gut ist? Was passiert mit dem Publikum in diesen Momenten? Und wie ließe sich das gezielt einsetzen, statt es dem Zufall zu überlassen?

In diesem Beitrag findest du eine strukturierte Gegenüberstellung beider Kommunikationsformen – mit typischen Einsatzmomenten, konkreten Beispielen und Impulsen für die Praxis. Vielleicht entdeckst du dabei neue Möglichkeiten, wie du deinen nächsten Vortrag klarer, lebendiger und zugleich wissenschaftlich fundiert gestalten kannst.

Was ist Erklären?

Erklären ist das sachliche Vermitteln von Wissen, Zusammenhängen und Informationen – und das möglichst klar, präzise und objektiv. Dabei steht das Ziel im Vordergrund, Verständnis zu schaffen. 

Jetzt sollte man meinen, dass wir Wissenschaftler/innen bei Vorträgen besonders gut im Erklären sein sollten. Schließlich sind wir es gewohnt Methoden detailliert darzustellen, Ergebnisse präzise zu beschreiben und Hypothesen plausibel zu begründen. Ob in einer Arbeitsbesprechung, einem Kolloquium oder auf einer Konferenz.

Aber genau hier liegt der Haken: Was wir inhaltlich gut erklären können, gelingt uns kommunikativ nicht immer in einem Vortrag. Mal sind die Themen zu komplex, um sie in begrenzter Zeit oder ohne Fachbegriffe verständlich zu machen. Mal schätzen wir das Vorwissen unseres Publikums falsch ein und merken nicht, dass es unseren Erläuterungen gar nicht folgen kann.

Erklären heißt also nicht, alles sagen zu müssen, was wir wissen – sondern nur so viel, dass andere es auch verstehen können.

Was ist Erzählen?

Erzählen ist das Wiedergeben von Ereignissen oder Erlebnissen in Form einer Geschichte – entweder real erlebt oder ausgedacht. Oft mit dem Ziel zu unterhalten, Spannung aufzubauen oder Emotionen zu wecken.

Im wissenschaftlichen Kontext gelten da natürlich andere Maßstäbe. Erzählen heißt nicht: Fakten weglassen oder Inhalte verfälschen. Erzählen während eines wissenschaftlichen Vortrages bedeutet: Interesse wecken, Relevanz der Forschung sichtbar machen, Zuhörer/innen inspirieren – und das auf eine klare, fokussierte und authentische Art und Weise.

Allerdings fällt uns Wissenschaftler/innen das Erzählen oft schwer. Einfach nur bildhaft schildern, wie wir zu einer bestimmten Methode gekommen sind, ist uns zu banal. Anekdoten aus dem Labor erscheinen uns nicht zielführend. Schließlich enthalten Erzählungen selten Daten und Fakten. Und sie sind immer subjektiv – ein Aspekt, der in der Forschung oft kritisch gesehen wird, weil er als potenziell manipulierend gilt und nicht den wissenschaftlichen Standards entspricht.

Dabei können gerade erzählerische Elemente helfen, Botschaften verständlicher und einprägsamer zu machen – vor allem dann, wenn sachliche Erklärungen zu trocken oder abstrakt wirken. Ein guter erzählender Einstieg hilft dem Publikum überhaupt erst zu erfassen, wofür eine bestimmte Forschung relevant ist. Narrative Strukturen machen den roten Faden sichtbar. Und persönliche Erlebnisse lassen den Menschen hinter all den Fakten sichtbar werden.

Erzählen bedeutet nicht, beliebige Geschichten von sich zu geben – sondern das Publikum erzählerisch durch unsere Präsentation zu leiten.

Was sind die Unterschiede zwischen Erklären und Erzählen?

Sowohl Erklären als auch Erzählen sind Formen der Kommunikation, die wir bei der Präsentation wissenschaftlicher Themen einsetzen können. Doch sie unterscheiden sich in einigen wesentlichen Punkten.

  • Erklären zeigt, wie etwas funktioniert – Erzählen, warum es wichtig ist.
  • Beim Erklären treten wir als Expert/innen auf – wir schildern objektiv und mit Abstand, damit Inhalte durch Fakten überzeugen.
  • Beim Erzählen liefern wir eine persönliche Perspektive – wird werden Teil der Geschichte und machen sichtbar, was die Forschung mit der Welt (und mit uns) zu tun hat.

Und dann gibt es noch weitere Unterschiede zwischen Erklären und Erzählen, wenn es um wissenschaftliche Vorträge geht.

Zielsetzung:

  • Erklären verfolgt das Ziel, wissenschaftliche Inhalte möglichst klar und nachvollziehbar zu präsentieren – logisch, fachlich präzise, mit dem Anspruch, Verständnis zu schaffen.
  • Erzählen hingegen will das Forschungsthema einordnen, Interesse wecken und Relevanz sichtbar machen. Es soll Orientierung geben – nicht nur Information.

Struktur:

  • Erklärungen folgen meist einer linearen, argumentativen Struktur: vom Problem über die Methode bis zum Ergebnis.
  • Erzählungen folgen einer eigenen Dramaturgie – oft mit einem Einstieg über eine Situation, einem Spannungsbogen und einem Zielpunkt. Die Struktur ist weniger formal, folgt aber dennoch einem roten Faden.

Sprache:

  • Beim Erklären dominiert eine präzise, sachliche Sprache – mit vielen Fachbegriffen und wenig Spielraum für Interpretation.
  • Erzählen erlaubt eine bildhaftere, anschaulichere Sprache. Vergleiche, Metaphern oder kleine Szenen machen abstrakte Inhalte greifbarer – und zeigen die Perspektive der erzählenden Person.

Wirkung:

  • Erklären schafft Verständnis, liefert Erkenntnisse und Aha-Momente fürs Publikum. Zumindest wenn es richtig dosiert ist.
  • Erzählen schafft Verbindung zwischen Vortragenden und Publikum, wenn über Sachinformationen hinaus auch persönliche Momente und Erfahrungen geteilt werden. Sofern Erzählung nicht zu ausschweifend werden oder vom Thema ablenken.

Erklären oder Erzählen: Was ist wann sinnvoll?

Vielleicht kannst du es dir schon denken, doch ich fasse es trotzdem kurz zusammen: Erklären ist sinnvoll, wenn du tiefer in deine Vortragsinhalte einsteigst. Erzählen ist nötig, wenn du neue Aspekte einführen und Überleitungen zu neuen Themenblöcken gestalten möchtest – wenn du dein Publikum also gezielt durch deinen Vortrag lenken möchtest.

Im Detail meine ich folgendes:

  • Erklären ist gefragt, wenn du Inhalte fachlich sauber und nachvollziehbar vermitteln willst. Also eigentlich in jedem wissenschaftlichen Vortrag. Aber steigst du direkt am Anfang deines Vortrags mit all den detaillierten Erklärungen ein? Oder zeigst du in deiner Zusammenfassung zum Schluss plötzlich ganz neue Daten, die du dann auch noch erläutern musst? Natürlich nicht! Das Timing ist entscheidend. Somit ist klar: Erklären passiert nur nachdem du ein neues Thema eingeführt hast und dann tiefer eintauchst: Beim Erläutern der Problemstellung, beim Vorstellen existierender Methoden, beim Durchführen durch deine Forschungsergebnisse, beim Interpretieren von Daten.
  • Erzählen ist angesagt, wenn du deinem Publikum klare Orientierung geben möchtest. Also auch in jedem wissenschaftlichen Vortrag. Vor allem am Anfang ist es sinnvoll, erzählerisch in das Thema deiner Forschungsarbeit einzusteigen. Deine persönliche Perspektive auf bestimmte Aspekte zu teilen oder die Relevanz deines Themas aufzuzeigen. Übertreibe es aber nicht. Nutze narrative Elemente für elegante Übergänge zwischen Passagen mit ausführlichen Erläuterungen. Ein kurzer Perspektivwechsel mittendrin hält das Publikum bei der Stange. Und ein narrativer Abschluss hilft, das Gehörte einzuordnen – und besser zu behalten.

Wenn Erklären und Erzählen zusammenkommen: Science-Storytelling

In der Praxis zeigt sich: Wirkungsvolle Vorträge von Wissenschaftler/innen leben oft genau von der Kombination aus sachlicher Erklärung und gezielt eingesetzter Erzählung. Diese Verbindung wird auch als Science-Storytelling bezeichnet.

Gemeint ist damit die bewusste Verknüpfung von fachlich fundiertem Erklären – also der Darstellung von Methoden, Ergebnissen und Zusammenhängen – mit dem Erzählen von Erfahrungen, Beispielen oder Gedankengängen. Es geht dabei nicht um Dramatisierung oder Effekthascherei, sondern darum, dem Publikum einen klaren Rahmen zu geben: Worum geht es hier? Warum ist das wichtig? Und wem nützt es?

Dabei braucht es keine Heldengeschichten und keine inszenierte Forschungsreise. Auch keine polierten Highlights aus dem Laboralltag. Als Forscher/innen wissen wir, wie die Realität aussieht: viel Trial and Error, langwierige Messreihen, mühsame Fehlersuche – und manchmal der Zufall, der uns auf die richtige Spur bringt.

Gerade deshalb darf Storytelling im wissenschaftlichen Kontext auch ehrlich sein. Manchmal reicht ein Nebensatz, eine Anekdote oder ein kurzer Rückblick auf den Weg zur eigenen Fragestellung – schon wird klar: Hinter den Daten stehen echte Menschen mit Neugier, Ausdauer und kritischem Denken.

Wissenschaft nahbar machen – durch eigene Erfahrungen, klare Erklärungen und ein authentisches Auftreten. Das ist Science-Storytelling im besten Sinne.

Falls du etwas mehr darüber erfahren möchtest: Hier findest du meine Gebrauchsanweisung für das Science-Storytelling Elixier für Forscher/innen – mit Dosisangaben und möglichen Nebenwirkungen.

Die Frage lautet also nicht: Erklären oder Erzählen – denn du brauchst beides!

Ich hoffe, es ist deutlich geworden: Erklären und Erzählen erfüllen in einem wissenschaftlichen Vortrag unterschiedliche Funktionen – und wirken am besten im Zusammenspiel als Science-Storytelling.

Wer ausschließlich erklärt und seine Präsentation wie eine schriftliche Publikation strukturiert, läuft schnell Gefahr, das Publikum zu überfordern. Ein Vortrag ist eine Live-Situation: Zuhörer/innen können nicht mal eben Begriffe nachschlagen, Inhalte noch einmal lesen oder Zusammenhänge in Ruhe durchdenken – wie beim Lesen eines Artikels. Zu viele Details in kurzer Zeit können daher schnell zur Verständnis-Hürde werden – selbst bei interessiertem Publikum.

Anderseits ist es nicht empfehlenswert, eine wissenschaftliche Präsentation nur mit erzählerischen Mitteln zu halten. Bei Konferenzen, Kolloquien oder Symposien geht es um fachlichen Austausch – um neue Ergebnisse, Methoden, Daten. Und die lassen sich nicht einfach „erzählen“.

Aber Erklären UND Erzählen im Wechsel in Form des Science-Storytellings – das geht in einem wissenschaftlichen Vortrag. Es braucht vielleicht etwas Übung, ein bisschen Fingerspitzengefühl und die Bereitschaft, sich aus der gewohnten Vortragspraxis herauszubewegen. Doch es lohnt sich. Probier es einfach einmal aus!



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